Forum & Forum Expanded
09.01.2025
Offene Wunden, offene Worte: Das Forum Special 2025
Auch im zweiten Jahr unter der Leitung von Barbara Wurm zeigt das Forum Special ein in thematischem Verbund kuratiertes Programm historischer und aktueller Filme, das mit dem Hauptprogramm des Forums korrespondiert und sich dem verheerenden Zustand der Gegenwart über den bewussten Blick in die Vergangenheit stellt.
Stand die Auswahl im letzten Jahr unter dem Motto „Relations & Resistance“ und widmete sich leiseren Stimmen des politischen Widerstands aus feministischer, anti-patriarchaler und generational vorwiegend älterer Perspektive, so führt das Forum Special 2025 mit „Offene Wunden, offene Worte“ diese programmatischen Linien konsequent fort und lenkt den Blick diesmal verstärkt auf Positionen der jungen Generation: auf das Aufwachsen, Aufwachen, Erwachsen- und Teil-der-Gesellschaft-Werden – geprägt von kulturellen Normen, sozialer Ungleichheit und politischem Unrecht.
Neben zwei neuen 4K-Restaurierungen, die im Forum 2025 ihre Weltpremiere feiern werden – Das falsche Wort (The Lie, 1987) von Katrin Seybold und Melanie Spitta, einem Meilenstein der Aufarbeitung der NS- und Nachkriegs-Verbrechen gegen deutsche Sinti, erzählt aus der Sicht von Sinti*zze und neu bearbeitet vom Filmmuseum München, sowie Iracema, uma transa amazônica (Iracema,1975) von Jorge Bodanzky und Orlando Senna, einem bereits vor Jahrzehnten auf das fatale Konglomerat aus Umwelt-, Frauen- und Indigenen-Exploitation hinweisenden dokumentarischen Spielfilm des brasilianischen Cinema Novo –, stehen drei aktuelle Footage-Arbeiten: The Long Road to the Director’s Chair, eine Rough-Cut-Dokumentation der damals 28-jährigen Vibeke Løkkeberg des Ersten Internationalen Frauenfilm-Seminars im Kino Arsenal in Berlin 1973, 51 Jahre später mit im Archiv gefundener Tonspur rekonstruiert und nun ein Manifest feministischer Filmgeschichte; Tamara Stepanyans Mes fantômes arméniens (My Armenian Phantoms), der so intime, den Tod des berühmten Schauspieler-Vaters wie die Anfänge der eigenen Karriere als Filmemacherin reflektierende Dialog mit der sowjetisch-armenischen Filmgeschichte; sowie schließlich Scars of a Putsch von Nathalie Borgers, ein weiterer Rückblick auf politische Ereignisse, die zwar vor Dekaden stattgefunden haben – hier: der den Traum einer türkischen Demokratie radikal beendende Militärputsch am 12. September 1980 –, aber bis heute nachwirken.
„Offene Wunden, offene Worte“ ist Gelegenheit, einmal mehr über das heute den gesamten geopolitischen Globus prägende Missverhältnis von (niedergeschlagenen) Volksaufständen, Zivilaktivitäten, Solidaritäts-aktionen und Bürgerrechtsbewegungen einerseits und autokratisch-diktatorischen Personen, Institutionen, Strukturen und Herrschaftssystemen andererseits nachzudenken – im Bewusstsein der unverwirklichten emanzipativen Potenziale damals und heute.
Ein Kurzfilmprogramm mit drei studentischen Arbeiten nimmt zudem die nächste Filmemacher*innen-Generation in den Fokus, bei ihrem Versuch, in unserer Welt der post- und neo-kolonialen, -imperialen, -kapita-listischen, -faschistischen, -stalinistischen Ordnungen Fuß zu fassen (und ihr einen Spiegel vorzuhalten): drei dokumentarische Positionen zu Georgien, China und Usbekistan; drei politische Brandherde; drei leidenschaftliche Befragungen der demokratiefeindlichen Gegenwart und Geschichte; drei authentische Aufbrüche junger Frauen in eine fragile Zukunft: Shinagani gazapkhulebis q'vaviloba (Inner Blooming Springs) von Tiku Kobiashvili, Guochang (Fruit Farm) von Nana Xu und Nagota (Nudity) von Sabina Bakaeva.
Die Filmvorführungen werden von Gesprächen mit den Filmemacher*innen begleitet. Zusätzlich finden Paneldiskussionen mit weiteren Gästen statt: zur aktuellen (film-)politischen Situation in Georgien unter anderen mit Salomé Jashi (Documentary Association Georgia) sowie zu Grassroots-Bewegungen und unabhängigen Film-Workshops mit Julia Schaginurowa (Tashkent Film School).
Die Filme des Forums werden im Februar 2025 im Kino Arsenal, Delphi Filmpalast, silent green Kulturquartier, Zoo Palast, Cubix, Colosseum und Stage Bluemax Theater gezeigt. Das Kino Arsenal am Potsdamer Platz öffnet für die diesjährige Berlinale letztmalig seine Pforten. Anfang 2026 wird das neue Kino Arsenal in der Westhalle des silent green im Wedding eröffnet.
Übersicht der heute bekannt gegebenen Titel im Forum Special
Presseabteilung
9. Januar 2025