Zohre & Manouchehr
Wie kann sich eine Religion zu einem politischen System erklären, das sich in unser intimstes Privatleben einmischt und Sexualität mit Angstgefühlen belegt? Wie finden im heutigen Iran Liebe und Sexualität ihren Weg durch diesen Dschungel aus Verboten und Geboten? Diese Fragen stehen im Zentrum von Mitra Farahanis Film, der aus einem dokumentarischen und einem inszenierten Teil besteht. Zu der Kombination der Genres entschloss sich Farahani, nachdem sie die ersten Interviews geführt hatte. Farahani: Wenn man heute jemanden im Iran bittet, Liebe zu definieren, wird seine Antwort unweigerlich voller poetischer Bilder sein. Man würde niemals von seiner Vergangenheit oder letzten Erlebnissen sprechen, aber dafür immer eine poetische Metapher finden. Die Poesie ist im Iran von zentraler Bedeutung. Ihre Allgegenwart in Filmen, Gemälden und noch mehr in der Umgangssprache hat Einfluss auf alles und jeden, selbst auf Politiker und Mitglieder des religiösen Establishments. Ohne Poesie kann man im Iran nicht über Liebe und Sexualität sprechen. Für ihre Inszenierung wählte die Regisseurin ein Gedicht von Iraj Mirza, das ohne jede Doppeldeutigkeit von Liebe und Sehnsucht erzählt. Farahani: Ich wollte die Verbindungen zwischen einer Gesellschaft aufdecken, die einmal so wunderbar ihre Kultur mit der Kunst zu lieben verband, während sich heute ein Paar, das sich küsst, fragen muss, ob es gerade eine schwere Sünde begeht.