Statement von Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha

Liebes Publikum, liebe Journalist*innen, lieber Carlo, liebe Mariette, liebes Berlinale-Team.

Hallo.

Heute wird der Film, an dem wir drei Jahre unseres Lebens gearbeitet haben, an Ihrer Seite zur Welt kommen, leider ohne unsere Anwesenheit. Wie Eltern, denen es untersagt ist, ihr Neugeborenes zu sehen, ist es uns untersagt, das Gefühl zu genießen, unseren Film mit Ihnen, dem anspruchsvollen Publikum dieses wichtigen Festivals, zu sehen. Wir sind traurig und müde, aber wir sind nicht allein. Das ist der Zauber des Kinos. Das Kino verbindet uns, gemeinsam. Es ist ein Fenster, das sich zu einem Ort öffnet, an dem wir uns treffen. Nun ist es uns verwehrt, gemeinsam mit Ihnen einen Film auf der Leinwand zu sehen, der von Liebe, vom Leben und auch von der Freiheit handelt, einem verlorenen Schatz in unserem Land.

Seit Jahren machen iranische Filmemacher*innen ihre Filme unter restriktiven Regeln und müssen sich an rote Linien halten, deren Überschreitung zu jahrelangen Sperren, Verboten und komplizierten Gerichtsverfahren führen kann. Eine schmerzhafte Erfahrung, die wir in den letzten Jahren oft gemacht haben. In einer solch beklagenswerten Situation versuchen wir in unseren Filmen immer wieder, die Realität der iranischen Gesellschaft darzustellen. Eine Realität, die meist durch die Zensur verloren geht oder verdeckt wird.

Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass es nicht mehr möglich ist, die Geschichte einer iranischen Frau zu erzählen, während es strenge Gesetze wie den obligatorischen Hidschab gibt. Frauen, für die die roten Linien die Darstellung ihres wahren Lebens, als vollwertige Menschen, verhindern. Dieses Mal haben wir beschlossen, alle restriktiven roten Linien zu überschreiten und die Konsequenzen unserer Entscheidung zu akzeptieren, ein reales Bild iranischer Frauen zu zeichnen - Bilder, die im iranischen Kino seit der Islamischen Revolution verboten sind.

My Favourite Cake ist ein Film, der das Leben preist. Es ist eine Geschichte, die auf der Realität des Alltags von Frauen der Mittelklasse im Iran basiert, ein genauer Blick auf die Einsamkeit einer Frau, die in ihre besten Jahre kommt. Eine Vision der Lebenswirklichkeit von Frauen, wie sie noch nicht oft erzählt wurde. Es ist eine Geschichte, die dem gängigen Bild iranischer Frauen widerspricht und den Lebensgeschichten vieler einsamer Menschen auf diesem Planeten ähnelt, in denen es darum geht, die kurzen, süßen Momente des Lebens zu genießen.

Wir möchten uns noch einmal bei den renommierten Internationalen Filmfestspielen Berlin und ihrem Leitungsduo Carlo und Mariette für ihre unermüdliche Unterstützung und die Möglichkeit, diesen Film zu zeigen, bedanken. Wir hoffen, dass der Tag kommen wird, an dem wir diesen Film in unserem Land und für die Menschen in unserem Land zeigen können. Dieser Tag wird zweifellos ein anderer Tag für das iranische Kino und für das iranische Volk sein als der heutige. Wir hoffen, dass dieser Tag nicht mehr allzu weit entfernt ist.

Meine Damen und Herren, wir sind stolz darauf, unsere Premierenvorführung den ehrenwerten und mutigen Frauen unseres Landes zu widmen, die sich an die vorderste Front des Kampfes für den sozialen Wandel begeben haben, die versuchen, die Mauern veralteter und versteinerter Überzeugungen einzureißen, und die ihr Leben für die Freiheit opfern.

Alles Liebe aus Teheran
Maryam Moghaddam & Behtash Sanaeeha