
Im Himmel, Unter der Erde. Der Jüdische Friedhof Weißensee von Britta Wauer
DEU 2010, Panorama

Im Himmel, Unter der Erde. Der Jüdische Friedhof Weißensee von Britta Wauer
DEU 2010, Panorama

Britta Wauer
Im Himmel, Unter der Erde. Der Jüdische Friedhof Weißensee von Britta Wauer
DEU 2010, Panorama
Weißensee ist der größte jüdische Friedhof in Europa, auf dem noch bestattet wird. Etwa 86 Fußballfelder hätten dort Platz. Wenn man über den Friedhof geht, spaziert man wie durch ein Geschichtsbuch. Lang ist die Liste berühmter Künstler, Philosophen, Juristen, Architekten, Ärzte, Religionslehrer und Verleger, die dort beerdigt sind. Nur wenige wissen, dass das unter Denkmalschutz stehende Areal in einigen Jahren offiziell zum Welterbe der UNESCO zählen soll.
Weißensee ist ein Märchenwald, ein Geschichtsbuch, ein Dschungel inmitten der deutschen Hauptstadt, vor allem aber ist Weißensee ein höchst lebendiger Ort: Auf dem riesigen Gelände suchen argentinische Großfamilien nach dem Grab ihrer Vorfahren. Restauratoren bemalen Gräber mit funkelnden Davidsternen, während der schmächtige Herr in der Friedhofsregistratur einer Busladung Exilanten die Unterlagen zu den Gräbern ihrer Angehörigen aushändigt. Der Greifvogelexperte zählt den Nachwuchs der Habichte, ein 80-Jähriger berichtet, dass er sich hier in seine Mitschülerin verliebte – damals beim Sportunterricht im Feld A8, genau dort, wo heute die bunten Gräber der Russen liegen.
Der Jüdische Friedhof Weißensee ist inzwischen 130 Jahre alt und nie geschlossen worden. Der Friedhof gehörte zu den wenigen Institutionen in Deutschland, die auch während der Nazizeit in jüdischer Selbstverwaltung blieben. Am erstaunlichsten ist: Weder der Friedhof noch sein Archiv ist je zerstört worden – ein Paradies für Geschichten-Sammler.