RR besteht aus 37 festen Einstellungen, gedreht an 37 Orten in den USA, die von durchfahrenden Güterzügen durchkreuzt werden. „This land is your land, this land is my land“: In seinem neuen Film überlässt der Mathematiker und Eisenbahnliebhaber James Benning einen großen Teil der Autorenschaft seinem Gegenstand. Legte er in früheren Filmen die Dauer der Einstellungen, mit denen er amerikanische Stadt-und Landschaften filmte, genau fest, so werden sie diesmal durch Länge und Geschwindigkeit durchfahrender Züge begrenzt. Eine Einstellung ist so lang, wie ein Zug braucht, um an einem Bildrand zu erscheinen und am anderen wieder zu verschwinden. Form und Inhalt, definiert nach ein und demselben Maßstab. Die Leinwandgröße und die Weite der amerikanischen Landschaft werden deckungsgleich in Höhe, Breite und Tiefe durchmessen. Neben der faszinierenden Vorstellung, wie viel Gewicht eine einzige Lokomotive mit unzähligen Waggons von einem Punkt des Kontinents zum anderen bewegen kann, öffnet die Tonspur weitere Wahrnehmungs- und Assoziationsräume. Fragmentarisch hören wir zwischen den Eisenbahngeräuschen einen Mormonenchor, die Übertragung eines Baseballspiels von 1992, einen Werbejingle, Gregory Peck, der aus der Offenbarung des Johannes liest, die Interpretation des Songs „This land is your land“, die Abschiedsrede von Eisenhower und den N.W.A.Rap „Fuck the Police“.
Stefanie Schulte Strathaus
Stefanie Schulte Strathaus