Ai no corrida
In the Realm of the Senses | Im Reich der Sinne
Quelle: Deutsche Kinemathek
Dies sei der Film, wo sie ihn kastriert, heißt es, angstgespickt, wenn die Rede auf IM REICH DER SINNE kommt. Was Inhalt ist, was als Geschichte eines Paares sich entfaltet, das sich zu Tode liebt, schnurrt auf den Tod zusammen, der dem Paar das Leben, das es vorführt, abspricht. Wer prüde ist, hält den Film für pornographisch, wer asketisch, für schamlos, um die nützliche Unterscheidung in der Wahrnehmung von Sexualität im Kino aufzugreifen, wie sie die Dialektik der Aufklärung (1947) vorschlug. Weil der Film bisher gesetzte Schamschranken überschreitet, unterliegt er dem Verdikt des Verbotenen, auch nach der juristisch erwirkten Freigabe. Diesmal richten die Zuschauer und das Urteil lautet: Perversion.
[…]
Die Räume, in denen die Liebenden sich bewegen, sind aus Papierwänden und Schiebetüren gebildet. Jede Tiefendimension scheint ihnen ausgepreßt. Die Wände werden wie die Körper selbst zur Oberfläche. Die Kamera lenkt unsere Wahrnehmung nicht wie in westlichen Filmen nach dem Prinzip der vertikalen Ordnung, sondern nach dem der horizontalen. […] Auch die Musik ist nicht in Blöcken gebaut. Sie steigert sich nicht zu symphonischem Rausch. Flöte und Zither verströmen ihren Klang in undramatischer Bewegung.
IM REICH DER SINNE sind die Grenzen fließend. Hier zielt jede Bewegung der Körper auf eine Auflösung in den Körper des anderen. Die Liebe von Sada und Kichizo ist nicht unbedingt. Sie ist eine Arbeit gegen die Angst vor der körperlichen Leere, die den Lauf der Zeit verleugnet. Diese Leere ist nur mit dem Schwanz auszufüllen oder mit dem Messer umzubringen.
Karsten Witte in: Frauen und Film, Nr. 17, September 1978
Neue Kopie
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Die Räume, in denen die Liebenden sich bewegen, sind aus Papierwänden und Schiebetüren gebildet. Jede Tiefendimension scheint ihnen ausgepreßt. Die Wände werden wie die Körper selbst zur Oberfläche. Die Kamera lenkt unsere Wahrnehmung nicht wie in westlichen Filmen nach dem Prinzip der vertikalen Ordnung, sondern nach dem der horizontalen. […] Auch die Musik ist nicht in Blöcken gebaut. Sie steigert sich nicht zu symphonischem Rausch. Flöte und Zither verströmen ihren Klang in undramatischer Bewegung.
IM REICH DER SINNE sind die Grenzen fließend. Hier zielt jede Bewegung der Körper auf eine Auflösung in den Körper des anderen. Die Liebe von Sada und Kichizo ist nicht unbedingt. Sie ist eine Arbeit gegen die Angst vor der körperlichen Leere, die den Lauf der Zeit verleugnet. Diese Leere ist nur mit dem Schwanz auszufüllen oder mit dem Messer umzubringen.
Karsten Witte in: Frauen und Film, Nr. 17, September 1978
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