Es war einmal ein in die Jahre gekommenes Hochhaus in Toronto, dessen Bewohner auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warteten – kein sehr einladender Ort. Züge ratterten vorbei, Polizisten standen am Fahrstuhl Wache, um Überfälle zu verhindern, an den Balkonen flatterten Netze im Wind als Mahnung an die Bewohner, nicht zu springen. Ohne Frage kein einfacher Ort, aber auch ein fantasievoller, denn das Warten bietet den idealen Nährboden für Legenden, Märchen und Träume. Die Bewohner erzählten sich ein ums andere Mal ihre Geschichten, genauso wie sie einübten, was bei den Anhörungen gesagt oder verschwiegen werden soll. Da ist die Geschichte von dem in der Wohnung allein zurückgelassenen verhungerten Hund oder von dem Kind des Anwalts oder dem Jungen, der beim Aufwachen feststellt, dass er sich in einen Vogel verwandelt hat. Aus diesen Geschichten ließe sich fraglos ein faszinierender Film drehen, aber wie sähe er aus? Ein beobachtender Dokumentarfilm, ein selbstgedrehtes Familienporträt, ein kafkaeskes Märchen oder sein Making-of? Eindeutige Erklärungen gibt es hier nicht, denn an diesem Ort verschwimmen die Grenzen. Wer auf Antworten hofft, kann gleich den Teufel befragen.