2018 | Hommage
Willem Dafoe
Die 68. Internationalen Filmfestspiele Berlin widmeten dem US-amerikanischen Film- und Theaterschauspieler Willem Dafoe die Hommage und verliehen ihm den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk. Anlässlich der Verleihung des Goldenen Ehrenbären am 20. Februar 2018 im Berlinale Palast wurde der Film The Hunter (Australien 2011) von Daniel Nettheim gezeigt. Die Filmreihe zur Hommage wurde von der Deutschen Kinemathek konzipiert.
Willem Dafoe hat in mehr als 100 Produktionen mitgewirkt und sie mit seinem ausdrucksstarken Spiel und seiner beeindruckenden Präsenz bereichert. Seine immense schauspielerische Bandbreite reicht von der Darstellung des abgründigen Bösen bis zur Rolle des Jesus von Nazareth. Neben seinen vielbeachteten Auftritten in Filmen ist das Theater Dafoes weitere berufliche Leidenschaft.
„Willem Dafoe ist ein enger Freund des Festivals und war in der Vergangenheit oft mit Filmen sowie 2007 als Mitglied der Internationalen Jury zu Gast bei der Berlinale“, kommentiert Festivaldirektor Dieter Kosslick. „Ich freue mich nun sehr darauf, ihn 2018 als Ehrengast begrüßen zu dürfen und sein Lebenswerk mit dem Golden Ehrenbären auszuzeichnen.“
Mit 17 begann Dafoe ein Studium der Theaterwissenschaften. 1977 war er einer der Gründungsmitglieder des renommierten New Yorker Theaterensembles „The Wooster Group“, dem er mehrere Jahrzehnte angehörte. Neben seiner Bühnentätigkeit wendete sich Willem Dafoe ab den 1980er Jahren immer häufiger der Filmarbeit zu. Bekanntheit erlangt er in Kathryn Bigelows Debüt The Loveless (Die Lieblosen 1981) und in Streets of Fire (Straßen in Flammen 1984) von Walter Hill. In William Friedkins Polizeithriller To Live and Die in L.A. (Leben und Sterben in L.A., 1985) spielt er den skrupellosen Geldfälscher Eric „Ric“ Masters, der alles daran setzt, seine Widersacher auszuschalten.
Einem großen Publikum wird Dafoe 1986 durch seine Rolle als Sergeant Elias Grodin in dem Antikriegsfilm Platoon von Oliver Stone bekannt. Für seine Darstellung erhält er seine erste Oscar-Nominierung. Zwei Jahre später gewinnt ihn Martin Scorsese für die Hauptrolle des Jesus Christus in seiner kontrovers diskutierten Romanverfilmung The Last Temptation of Christ (Die letzte Versuchung Christi 1988). Im gleichen Jahr dreht er mit Regisseur Alan Parker an der Seite von Gene Hackman das Drama Mississippi Burning (Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses 1988). Dafoe kämpft darin als junger FBI-Agent gegen Rassismus und den Ku-Klux-Klan.
Es folgen vielseitige Rollen in Filmen wie Born on the Fourth of July (Geboren am 4. Juli 1989), Wim Wenders’ In weiter Ferne, so nah! (1993) oder The English Patient (Der englische Patient 1996). Im Jahr 2000 brilliert Dafoe als Max Schreck im Horrorfilm Shadow of the Vampire des Regisseurs E. Elias Merhige. Für die großartige Interpretation eines Untoten erhält er seine zweite Oscar-Nominierung.
2002 ist Dafoe unter der Regie Paul Schraders in dem Biopic Auto Focus zu sehen. 2004 arbeitet Dafoe bei The Life Aquatic With Steve Zissou (Die Tiefseetaucher) mit dem Regisseur Wes Anderson zusammen. Daneben schlüpft er in den Spider-Man-Verfilmungen dreimal (2002, 2004 und 2007) in die Rolle des Bösewichts Norman Osborn aka „Der grüne Kobold“.
2009 besetzt ihn der dänische Regisseur Lars von Trier an der Seite von Charlotte Gainsbourg als männliche Hauptrolle in seinem Psychothriller Antichrist — durch Sex- und Gewaltszenen sorgt der Film für Kontroversen. 2011 zeigt Dafoe erneut eine herausragende Schauspielleistung als einsamer Jäger in Daniel Nettheims Thriller The Hunter. Drei Jahre später stellt er in Abel Ferraras Biopic Pasolini den italienischen Filmemacher kurz vor dessen Ermordung dar.
Auf der Bühne hat er unter anderem mit Richard Foreman in „Idiot Savant“ am The Public Theatre gearbeitet sowie in zwei internationalen Produktionen von Robert Wilson mitgewirkt: „The Old Woman“ neben Michail Baryschnikow und in „The Life and Death of Marina Abramovic“ an der Seite von Marina Abramović. Beim letztgenannten Stück begleitete die italienische Schauspielerin und Regisseurin Giada Colagrande die Proben mit ihrer Kamera, dieses Material entwickelte sie zu einem Dokumentarfilm (2012). Willem Dafoe trat vor Kurzem in dem neuen Theaterstück „The Minister’s Black Veil“ auf, das auf Nathaniel Hawthornes gleichnamiger Kurzgeschichte beruht, Regisseur war Romeo Castellucci.
Im letzten Jahr hat Dafoe in Kenneth Branaghs Spielfilm Murder on the Orient Express (Mord im Orient-Express 2017) mitgewirkt. In Vorproduktion befindet sich die amerikanisch-deutsche Koproduktion The Sleeping Shepherd von Frank Hudec. Abgedreht hat er auch – als Vincent Van Gogh unter der Regie von Julian Schnabel – At Eternity’s Gate. Ab März 2018 wird Willem Dafoe im vielbeachteten Spielfilm The Florida Project (Regie: Sean Baker) in den deutschen Kinos zu sehen sein. Seine Rolle in The Florida Project brachte ihm sowohl eine Nominierung bei den britischen BAFTA Awards als auch jüngst seine dritte Oscar-Nominierung in der Kategorie Bester Nebendarsteller ein.
Die zehn Filme der Hommage:
- Antichrist (Dänemark / Deutschland / Frankreich / Schweden / Italien / Polen 2009, Regie: Lars von Trier)
- Auto Focus (USA 2002, Regie: Paul Schrader)
- The Hunter (Australien 2011, Regie: Daniel Nettheim)
- The Last Temptation Of Christ (Die letzte Versuchung Christi, USA / Kanada 1988, Regie: Martin Scorsese)
- The Life Aquatic With Steve Zissou (Die Tiefseetaucher, USA 2004, Regie: Wes Anderson)
- Mississippi Burning (Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses, USA 1988, Regie: Alan Parker)
- Pasolini (Frankreich / Italien / Belgien 2014, Regie: Abel Ferrara)
- Platoon (USA 1986, Regie: Oliver Stone)
- Shadow of the Vampire (USA / Großbritannien / Luxemburg 2000, Regie: E. Elias Merhige)
- To Live and Die in L.A. (Leben und Sterben in L.A., USA 1985, Regie: William Friedkin)