2024 | Encounters
Unterhalb unserer Realität
Geister, Sappho, Schatzsuche – in ihrer fünften Ausgabe versucht die Sektion Encounters Genregrenzen und jene filmischer Wahrheiten auszuloten und zu hinterfragen. Der künstlerische Leiter Carlo Chatrian und der Programmleiter Mark Peranson sprechen über die 15 ausgewählten Filme und das Bestreben des Kinos, das Unsichtbare sichtbar zu machen.
Die Sektion Encounters erforscht die Grenzen des Versuchs, Filme zu kategorisieren und einzugrenzen. Einer der meist diskutierten Aspekte dieser Kategorisierung ist die Unterteilung in Fiktion und Dokumentarfilm. Haben Sie Beispiele für diese „Grenzüberschreitung" in der diesjährigen Auswahl?
Carlo Chatrian: Das Filmgeschäft basiert auf Kategorien, weil es der einfachste Weg ist, Filme in eine Schublade zu stecken und sie zu finanzieren. Wenn es um die Kunst des Filmemachens geht, verschwimmen die Grenzen in den meisten Fällen. Die Filmemacher*innen, die wir im Laufe der Jahre für Encounters ausgewählt haben, kümmern sich sogar noch weniger um diese Kategorien. Ein Film, der als Dokumentarfilm beginnt, kann sich in etwas anderes verwandeln, weil der Prozess ihn dorthin führt. Ein Film wie Tú me abrasas (You Burn Me) von Matías Piñeiro entzieht sich jeglicher Definition. Ist es ein Dokumentarfilm über Pavese und Sappho? Ist es eine Liebesgeschichte? Ist es ein Essayfilm? Ist es ein Film über Malerei und Musik? Ich denke, das ist genau das, was wir mit Encounters sichtbar machen wollen. Das Kino basiert auf bewegten Bildern; es ist stets mehr als das, was wir mit Worten ausdrücken können. Am Ende sehen wir immer einen Film, der größer ist als das Label, das wir ihm aufdrücken, oder die Schachtel, in die wir ihn stecken wollen.
Mark Peranson: In Tú me abrasas geht es um Texte, die nur noch fragmentarisch erhalten sind. Von Sappho ist nur ein einziges Gedicht überliefert. Um so etwas präzise darstellen zu können, werden die Lücken mit filmischen Mitteln gefüllt; aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass wir letztlich nicht alles ergänzen können. Indem diese unvollendeten Gedichte in eine dramaturgische Struktur gebracht werden – mit Liedern, Bildern, Worten, einer Beziehung – erweckt man sie gewissermaßen zum Leben. Dabei besteht jedoch das Bewusstsein über das Gefühl, unvollständig zu sein, immer fort.
MP: Wenn Sie sich einen Film in Encounters ansehen, merken Sie, dass er von einem Menschen gemacht wurde. Selbst Filme mit großem Budget sind immer noch sehr persönliche Filme. Es ist sicht- und spürbar, dass hinter den Bildern ein Mensch steht. Natürlich beeinflusst das Budget des Films auch die Freiheit, die man als Filmemacher*in hat. Je mehr Geld zur Verfügung steht, desto weniger Freiheit gibt es. Through the Graves the Wind is Blowing von Travis Wilkerson spielt in Split, Kroatien und handelt von einen Polizeikommissar, aber auch von Faschismus und den langfristigen Auswirkungen des Zerfalls Jugoslawiens. Wir wissen nicht, wie hoch das Filmbudget war, und ich glaube, der Filmemacher weiß es auch nicht. Er ist jeden Tag aufgewacht und hat beschlossen, etwas zu drehen. Das Ergebnis ist vollkommen hybrid. Ich habe ihn gefragt, ob es ein Dokumentar- oder ein Spielfilm sei, und er sagte, er wisse es nicht und es sei ihm auch eigentlich egal.
Bleiben wir bei den Filmen, die eher dokumentarisch sind: In Ruth Beckermanns Favoriten verbringen wir viel Zeit in einer Wiener Volksschule. Neben vielen lustigen und berührenden Momenten zeigt eine lange Sequenz in der Mitte des Films, wie die Lehrerin die Kinder nach ihren Informationen und Meinungen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine befragt. Sie erhält interessante und herausfordernde Antworten. Was halten Sie von diesem besonderen Einblick in einen Querschnitt unserer Gesellschaft?
CC: Auf den ersten Blick sieht Favoriten vielleicht aus wie jeder andere Film über eine Schulklasse. Es ist immer wieder faszinierend, dass, wenn man eine Klasse filmt, die Gesellschaft filmt; eigentlich filmt man, wie die Gesellschaft aussieht und wie sie gestaltet wird. Und die Wahl einer Klasse, in der die meisten Schüler*innen Söhne oder Töchter von Einwander*innen sind, ist natürlich ganz bewusst. Ruth Beckermann achtet sehr genau darauf, was sie auf die Leinwand bringt, indem sie gelegentlich Elemente, wie beispielsweise die Diskussion über den Krieg, hinzufügt. So betont sie, dass es sich um einen Dokumentarfilm über eine Klasse handelt, aber es sind verschiedene Ebenen im Spiel. Sie ist sich der Rolle des Kinos als Werkzeug bewusst, genau wie der Tatsache, dass, wenn wir über etwas sprechen oder etwas lernen, dies immer das Ergebnis einer Projektion ist. In den Filmen, die wir normalerweise über Schulklassen sehen, richten Lehrer*innen das Wort an Schüler*innen und die Schüler*innen reagieren emotional. In Favoriten ist es genau umgekehrt. Und das ist letztlich die eindrucksvollste Leistung des Films. Am Ende ist die Lehrerin diejenige, die am meisten bewegt ist, nicht die Kinder. Einfach gesagt, es ist gut zu zeigen, dass auch Erwachsene gerührt sein können. Denn wir neigen dazu, starke Emotionen, wie z. B. Tränen, mit Kindern zu assoziieren.
Film und Wahrheit
Die enge und oft komplizierte Beziehung zwischen der Suche nach Wahrheit und dem Akt des Filmens wird auch in Mãos no fogo (Hands in the Fire) von Margarida Gil verhandelt: Eine junge Dokumentarfilmerin versucht, den Alltag einer kamerascheuen Familie in einem alten portugiesischen Gutshaus einzufangen. Nur um schließlich festzustellen, dass die Familie ihre eigenen Filme dreht – und sogar die Protagonistin selbst im Visier der (Kamera) hat. Wie geht dieser Film mit dem Spannungsfeld zwischen Film und Wahrheit um?
CC: So etwas wie Wahrheit gibt es im Kino nicht. Sie ist immer ein Effekt, den wir nie erzielen werden. Und alle Filme, besonders die bei Encounters, erinnern uns daran. Mãos no fogo ist ein Film über einen Film. Es ist ein Film, der an einem Ort gedreht wurde, an dem bereits andere Filme gedreht worden waren. Die zuvor gedrehten Filme gehören einer anderen Zeit an, und im Akt des Drehens wird ein Geheimnis erzählt. Und hier sind wir wieder bei der Beziehung zwischen den Genres. Ich fand es recht eindrucksvoll, dass Margarida Gil die Macht der Kamera, Menschen in die Falle zu locken, aus einer weiblichen Perspektive heraus thematisiert hat.
Etwas, dessen wir uns in Encounters sehr bewusst sind, ist, dass die meisten Filme zeigen, dass es keine Wahrheit gibt. Oder sie geben dem Publikum zumindest eine bestimmte Position vor, die nicht lautet: „Ich nehme dich an die Hand und zeige dir Dinge“, sondern eher: "Wenn ich dich an die Hand nehme, zeige ich dir, dass ich dich an die Hand nehme". Mãos no fogo ist ein Film, der dies sehr deutlich zeigt.
MP: Kommen wir zu einem anderen Film: Direct Action von Guillaume Cailleau und Ben Russell. Der Film dokumentiert den Alltag einer der bekanntesten militanten Gemeinschaften von Öko-Aktivisten*innen in Frankreich. Man könnte meinen, die Filmemacher würden versuchen, die Wahrheit mit langen Einstellungen einzufangen. In der Szene, in der die Proteste ihren Höhepunkt erreicht haben, kommt jedoch jemand auf die beiden zu und sagt, dass sie in die falsche Richtung filmen und folglich nicht das Richtige zeigen. Alles, jede Entscheidung, die Filmemacher*innen treffen, entspricht also immer ihrer subjektiven und nicht einer objektiven Wahrheit.
Ein anderer Film, der es dem Publikum ermöglicht, viel zu entdecken, ist Khamyazeye bozorg (The Great Yawn) von Aliyar Rasti; ein iranischer Film über eine Schatzsuche und den potenziellen Konflikt zwischen religiösem Glauben und träumerischer Vorstellungskraft.
MP: Auch dieser Film will das Publikum nicht in eine bestimmte Richtung lenken. Der Schatz, in klassischer Filmsprache könnte man ihn als MacGuffin bezeichnen, treibt die Handlung voran. Wir sind eingeladen, uns an der Suche zu beteiligen und vielleicht zu erkennen, dass es letztlich gar nicht darum geht, was gefunden wird, sondern dass die Suche selbst das Wesentliche ist. Vielleicht finden die Protagonist*innen nicht einmal etwas und suchen trotzdem einfach weiter, immer weiter und weiter. Was in gewisser Hinsicht auch eine Metapher für das Kino ist. Film ist im Grunde die Kunst, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Genau wie keine objektive Wahrheit existiert, gibt es auch keinen objektiven Realismus. Ich meine, in philosophischer Hinsicht war das Kino früher ein fotochemischer Prozess. Jetzt ist es ein digitaler Prozess, bei dem jemand jemanden filmt. Im Kerngeht es immer um einen illusorischen Aspekt.
CC: Khamyazeye bozorg hat uns sehr überrascht, weil es kein Film ist, den man üblicherweise aus Iran erwarten würde. Nach der „Casting“-Szene zu Beginn des Films, bei dem der Protagonist die passende Person für seine Suche sucht, geht es nicht mehr wirklich um die Gesellschaft, zumindest nicht in realistischer Weise. Die Reise wird schnell metaphysischer und existentieller, auch wenn hier und da humorvolle Elemente vorkommen. Wir wissen, dass wir das Unlösbare niemals lösen werden. Aliyar Rasti spielt mit der Idee, das Ziel nicht vorzugeben – wie viele Filme in Encounters: Es geht nicht darum, zu einem Ergebnis zu kommen, sondern darum, was auf dem Weg dorthin passiert.
Von Geistern und Goldschätzen
Arcadia von Yorgos Zois erzählt eine Geistergeschichte und ergründet, was es bedeutet, mit einer verstorbenen Person verbunden zu bleiben. Eine sehr wörtliche Reflexion über die Aussage „Ich trage sie immer noch bei mir“. Standen derartige Fragestellungen bei Ihrer Auswahl im Vordergrund oder waren die innovativen und manchmal sehr bizarren Regeln der Geisterwelt ausschlaggebend?
CC: Arcadia ist eine Geistergeschichte, eine Liebesgeschichte, eine Geschichte über Betrug, eine Geschichte über eine Bar, die von Toten frequentiert wird. Es ist eine Geschichte darüber, wie die Realität jedes Mal verblasst; und das ist etwas, das die Filme miteinander verbindet. Was mir persönlich gefällt, ist, dass es sehr schwer ist, den Film auf ein einziges Element festzulegen. Er könnte als Geister- oder Zombiegeschichte bezeichnet werden; wenn wir aber Freund*innen von dem Film erzählen, werden sie sicher einen anderen Standpunkt vertreten, weil darin nicht die üblichen Arten von Geistern oder Zombies zu sehen sind. Der Film kämpft gegen Realismus an, was sehr wichtig ist, weil wir heutzutage von Bildern umgeben sind und denken, dass Bilder die Realität sind.
Gegen den Realismus ankämpfen
CC: Alle Filme in Encounters kämpfen gegen diese Wahrnehmung an. Letztendlich ist es also nicht der Realismus, der das Gefühl der Verbundenheit mit einem Film hervorruft, sondern ein Zusammenspiel von Erzählung, Stil, Bildausschnitt und Sound, das dieses Verbundenheitsgefühl erzeugt. Demba von Mamadou Dia ist ein weiteres perfektes Beispiel dafür. Er erzählt die Geschichte eines alternden Mannes in der Krise, der um seine Frau trauert und der gebeten wird, in den Ruhestand zu gehen. Aber es geht noch um viel mehr. Es ist auch die Geschichte eines Vaters und eines Sohnes, die sich wiederfinden, und eine Geschichte über die Bürokratie in Senegal.
Monogame Beziehungen werden durch externe Beteiligte und interne Konflikte zerrüttet. Betrug scheint in einigen Filmen wie Eva Trobischs Ivo, Kazik Radwanskis Matt and Mara und Arcadia ein Thema zu sein. Warum ist der Film ein geeigneter Verhandlungsraum für Fragen zu etablierten Beziehungsnormen und -dynamiken?
CC: Beziehungen sind immer zweideutig. Es kann um Betrug gehen, aber es geht eher um ein Kommunikationsproblem: Ich sende dir eine Botschaft, aber bei dir kommt eine andere an. Ich denke, die meisten dieser Filme beschäftigen sich mit diesem Umstand und der Tatsache, dass wir, wenn wir den Wunsch haben zu kommunizieren, dies auch auf einer sehr ursprünglichen Ebene tun müssen: Indem wir miteinander schlafen oder einfach zusammen sind. Bei dieser Kommunikation gibt es immer eine Distanz, die ich interessant finde. In diesem Jahr haben wir, vielleicht mehr als in den Jahren zuvor, Filme im Programm, die sich mit sinnlicher Liebe beschäftigen. Vielleicht ist Fremdgehen die sichtbarste Version dieser Art der (Fehl-)Kommunikation, weil es so konventionell ist, das Banalste, was man in einer Beziehung tun kann.
MP: Im Prinzip geht in Matt and Mara niemand fremd. Es handelt sich um ein emotionales Fremdgehen, was ein bisschen anders ist. Jemand kommt aus der Vergangenheit und weckt alte Gefühle; und das ist ja etwas, das wir alle irgendwann einmal erlebt haben. Es ist ein Film, der sich mit Untreue befasst, aber die Art und Weise, wie das Thema behandelt wird, ist universell.
Meiner Meinung nach verbindet viele dieser Filme, dass sie – vielleicht ahnen Sie es – sehr spezifisch an einem Ort, einer Art oder Verhaltensweise verwurzelt sind, die für bestimmte Länder oder Städte typisch ist. Matt and Mara ist beispielsweise kein Film über New York. Es ist eher ein Film über Toronto. Wir können dies auf jeden der Encounters-Filme und den Ort, an dem sie spielen, anwenden. In dem brasilianischen Film Cidade; Campo von Juliana Rojas geht es stellenweise um die Stadt, aber dann verlagert sich der Film aufs Land. Inwiefern verhalten sich die Figuren an diesen Orten anders? Wenn wir den Drehort als Rahmen für diese Filme benutzen, können wir vielleicht Vorstellungen von Untreue oder Betrug betrachten und beobachten, wie sie sich an diesen Orten unterschiedlich zeigen. Was sagt das über den Ort aus, an dem der Film spielt?
Eine Frage der Örtlichkeit
CC: Ja, das stimmt. Ich glaube, manche tendieren dazu, zu denken, dass Encounters-Filme in erster Linie nur eine Stilübung sind. Aber eigentlich sind jedes Jahr, und in diesem Jahr noch mehr, die Orte, an denen diese Geschichten angesiedelt sind, in jedem Film entscheidend. Ein Beispiel dafür ist The Fable von Raam Reddy. Der Filmemacher verbrachte Monate in dieser Gegend, in den Bergen Indiens. Oder Favoriten, was wirklich der Name des Wiener Bezirks ist, in dem sich die Schule befindet. In dem Film Une Famille (A Family) von Christine Angot ist die eindrucksvollste Szene diejenige, in der die Filmemacherin und der Protagonist ein Haus betreten; das reale Haus, in dem im Leben der Filmemacherin schlimme Dinge passiert sind.
Ein weiteres mögliches Bindeglied der Filme könnte die Frage danach sein, wie wir mit dem Tod eines geliebten Menschen und der damit verbundenen Trauer und Verantwortung umgehen können. Wie behandeln die Filme das Thema Schmerz? Warum taucht dieses Thema in der diesjährigen Auswahl erneut auf?
CC: Während es bei vielen Filmen im Wettbewerb wirklich um Gefangenschaft geht und um den Versuch, aus ihr auszubrechen, geht es bei der Encounters-Auswahl meiner Meinung nach eher um Zärtlichkeit. Es geht mehr darum, den Schmerz zu lindern oder zu lernen, mit dem Schmerz zu leben. Und ich denke, dass das Kino in der Lage ist, etwas einzufangen, das sich unterhalb unserer Realität befindet. Wir alle machen uns Sorgen um die Welt, in der wir leben, und vielleicht sind wir jetzt sogar noch besorgter als vor fünf Jahren (vor der Pandemie, nur um das zu verdeutlichen). Und daher spiegeln die Filme dies auch wider. Vielleicht nicht direkt, aber durch ihre Geschichten. Das sind also nicht unbedingt Zufälle, sondern Punkte, an denen sich verschiedene Wege überschneiden. Gefangenschaft kann in Encounters Druck sein, der von außen kommt. Aber in den Filmen geht es eher darum, wie wir mit Leiden oder Verlusten umgehen, die wir als Gemeinschaft oder als Einzelne erleben, entweder direkt oder metaphorisch. Dazu gehört auch der Verlust der Freiheit, der Verlust, das zu sagen, was man gerne sagen würde.
Welche Filmemacher*innen wurden dieses Jahr für Encounters ausgewählt?
CC: Dieses Jahr gibt es weniger Erstlingsfilme, dafür sind mehr Filmemacher*innen mit ihrem zweiten Film vertreten. Wir haben zahlreiche Zweitlingswerke in Spielfilmlänge: Dormir de olhos abertos (Sleep with Your Eyes Open) von Nele Wohlatz, The Fable, Arcadia, Ivo. Aber das ist nicht unbedingt das, woran wir bei der Auswahl denken. Encounters ist auch nicht ausschließlich eine Sektion für Erstlings- und Zweitlingswerke in Spielfilmlänge. Es ist eine Sektion, die verschiedene Arten des Filmemachens umfasst. Wir sind an einer ausgewogenen Balance zwischen neuen Stimmen und etablierten Filmschaffenden interessiert. Kong fang jian li de nv ren (Some Rain Must Fall) ist Qiu Yangs Langfilm-Debüt, während seine Kurzfilme bereits mit Preisen ausgezeichnet wurden, unter anderem mit der Goldenen Palme für den besten Kurzfilm, sodass sein Debütfilm mit Spannung erwartet wird. The Great Yawn war wahrscheinlich die größte Überraschung. Christine Angot ist eine bekannte Schriftstellerin und eine Person des öffentlichen Lebens in Frankreich, die auch Claire Denis' auf der Berlinale ausgezeichneten Avec amour et acharnement (Both Sides of the Blade) geschrieben hat. Ich betrachte Une Famille nicht als Debüt, weil es von einer Person stammt, die die Kultur bereits geprägt hat.
MP: Viele dieser Filme haben wir schon lange verfolgt und darauf gewartet, dass sie fertiggestellt werden. Es gibt zahlreiche andere Filme, die uns gefallen haben, die wir aber nicht zeigen konnten. Hier zeigt sich dieselbe Situation: Einige dieser Filme sind Erstlingsfilme, andere sind von erfahrenen Filmemacher*innen, die bereits Filme in Encounters gezeigt haben. Bei einer Auswahl von 15 Filmen möchten wir aber auch eine gewisse Ausgewogenheit herstellen. Und die Übereinstimmungen, die Sie sehen, sind nichts, woran wir bereits bei der Filmauswahl denken. Das ist etwas, das wir erst im Nachhinein entdecken, und fast immer zu unserer Überraschung.