Internationale Jury 2021
Silberner Bär für die Beste Regie
Dénes Nagy
Természetes fény
„Beängstigende und wunderbar gefilmte, hypnotisierende Bilder; eine beeindruckende Regiearbeit und meisterhafte Steuerung jeder einzelnen Komponente des Filmkunsthandwerks; eine Erzählung, die über ihren geschichtlichen Zusammenhang hinausweist. Das Abbild eines Krieges, bei dem der aufmerksame Blick des Regisseurs uns erneut daran erinnert, dass wir uns zwischen Passivität und dem Übernehmen persönlicher Verantwortung entscheiden müssen.“
Silberner Bär für die Beste Schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle
Maren Eggert
Ich bin dein Mensch
von Maria Schrader
„Ihre Präsenz machte uns neugierig, ihr Charme sensibel. Und ihre breite schauspielerische Palette ließ uns fühlen, lachen und Fragen stellen. Mit Unterstützung ihrer wunderbaren Kolleg*innen und ihrer Regisseurin erfüllte sie ein ausgezeichnetes Drehbuch selbstbewusst mit Leben und erschuf eine unvergessliche Figur, mit der wir uns identifizieren können – was uns dazu bringt, über unsere Gegenwart und unsere Zukunft nachzudenken, über unsere Beziehungen und darüber, was wir wirklich im Leben wollen.“
Silberner Bär für die Beste Schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle
Lilla Kizlinger
Rengeteg – mindenhol látlak
von Bence Fliegauf
„Unter den vielen herausragenden Kleinstdarstellungen in Forest - I See You Everywhere fanden wir eine besonders überzeugend und einprägsam. Auf ihren jungen Schultern trägt Lilla Kizlinger eine außergewöhnliche Verantwortung mit Anmut und einer täuschend natürlichen Lockerheit. Allein durch die Kraft ihrer Interpretation und ihre intensive Präsenz zieht sie die verdeckten Ebenen der Szene an die Oberfläche und definiert damit genau genommen den Anlass hinter dem Film: die unheimliche Bedrohung dieser Welt, das Erbe, das wir Erwachsenen den Kindern von heute überlassen. Statt uns etwas zu erzählen, es uns zu erklären, bewältigt sie die viel schwierigere Aufgabe, in uns das Bedürfnis zu wecken, über die drängenden, beunruhigenden Fragen unserer Gegenwart nachzudenken. Sie hat uns bezaubert, und mit diesem Bezaubertsein hat sie uns zum Nachdenken angeregt.“
Silberner Bär für das Beste Drehbuch
Hong Sangsoo
Inteurodeoksyeon
von Hong Sangsoo
„Dieses Drehbuch schafft mehr, als eine Geschichte zu erzählen oder die Handlung effizient voranzutreiben, indem es jene flüchtigen Zwischenräume zwischen einer Handlung und der nächsten herstellt, in denen, für einen Augenblick, eine verborgene Wahrheit des menschlichen Lebens unversehens offenbart wird, hell und klar.“
Silberner Bär für eine Herausragende Künstlerische Leistung
Yibrán Asuad für die Montage von
Una película de policías
von Alonso Ruizpalacios
„Der Silberne Bär für eine Herausragende Künstlerische Leistung geht an das meisterhafte Montagekonzept eines gewagten, innovativen Kinowerks, das die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen lässt und mutig die Fähigkeit der Filmsprache erforscht, unsere Sicht auf die Welt zu verändern. Die Montage spielt eine wesentliche Rolle bei der Untermauerung der einzigartigen Vision des Filmemachers, indem sie die zahlreichen Ebenen von Realität und Sprache gekonnt dekonstruiert, um einen detaillierten, nachdenklich stimmenden Einblick in eine der umstrittensten Institutionen Mexikos zu gewähren.“
Jury Encounters 2021
Bester Film
Nous
von Alice Diop
„Eine Arbeit, die echte Feinfühligkeit und Sensibilität erkennen lässt in der Gestaltung eines gemeinschaftlichen, vielstimmigen Porträts, das tiefsinnig, nuanciert und vor allem reich an gelebter Erfahrung ist.“
Spezialpreis der Jury
Vị
von Lê Bảo
„Eine unerschrocken klar choreographisch komponierte Abstraktion sozialer Verhältnisse, die sich sehr konkreter Bausteine bedient - Slumarchitektur, Fußballregeln, Kochen, die Schwere menschlicher Körper -, um ein ebenso stabiles wie nervöses Spannungsfeld zwischen asketischer Befreiung und dystopischer Regression aufzuspannen.“
Beste Regie (ex aequo)
Ramon & Silvan Zürcher
Das Mädchen und die Spinne
„Die beeindruckende Ausführung einer rigorosen Inszenierung, welche die Mehrdeutigkeit jeder Figur mit Anmut, Humor sowie Raffinesse unterstützt und letztlich die Komplexität menschlicher Beziehungen umfasst.”
Beste Regie (ex aequo)
Denis Côté
Hygiène sociale
„Der Film zeigt eine unglaubliche Gewandtheit im Mischen unterschiedlicher Klangfarben, filmgeschichtlicher Bezüge und vielfältiger, wunderbar wortreicher Gestalten, gekrönt von einem feinen und doch warmen Humor, der im Moment dringend gebraucht wird.“
Lobende Erwähnung
Rock Bottom Riser
von Fern Silva
„Ein Film, der von der Einsamkeit eines aufgewühlten Felsens erzählt: allein im Ozean, in der Galaxis, im Universum. Dabei findet er ebenso virtuos wie unerwartet sehr verschiedene Bilder für die Notwendigkeit der Dekolonisierung der Naturwissenschaft.“
Internationale Kurzfilmjury 2021
Goldener Bär für den Besten Kurzfilm
Nanu Tudor
von Olga Lucovnicova
„In Nanu Tudor (My Uncle Tudor) führt uns Olga Lucovnicova durch den komplexen Prozess, einem Kindheitstrauma zu begegnen. Aus den Nahaufnahmen intimer Details des Familienhauses setzt sie Stück für Stück das Bild einer scheinbar idyllischen Welt zusammen, voll unschuldiger Nostalgie. Dem gegenüber stehen jedoch die Unterhaltungen mit ihrem Onkel Tudor, aus denen immer deutlicher die schrecklichen Erlebnisse ihrer Kindheit hervortreten, die er mal leugnet, mal eingesteht ohne Reue zu zeigen. Präzise umkreist Lucovnicovas subtiler filmischer Blick ihre Familienmitglieder. Ihr persönlicher Mut zusammen mit ihrem herausragenden filmischen Können schaffen einen eindringlichen, emotional vielschichtigen Film.“
Silberner Bär Preis der Jury (Kurzfilm)
Xia Wu Guo Qu Le Yi Ban
von Zhang Dalei
„Ein Familienbesuch beim Großvater wird zum langsamen, liebevollen Abschied zwischen ihm und seinem Enkelsohn. Die fein verwobenen Familiendynamiken und das hervorragende Schauspiel des Ensembles lassen uns in einen wahrhaftigen Moment im Leben der Figuren eintauchen. Die kunstvolle Inszenierung wirkt natürlich und unaufdringlich. In Xia Wu Guo Qu Le Yi Ban (Day Is Done) zeichnet Zhang Dalei mit seiner reichen filmischen Sprache ein sensibles Familienporträt, das über die kurze Form hinausweist.“
Berlin Short Film Candidate for the European Film Awards
Kinderjury Generation Kplus 2021
Gläserner Bär für den Besten Film
Beans
von Tracey Deer
„Der auf wahren Begebenheiten beruhende Film hat uns stark beeindruckt. Die Geschichte ging uns sehr nahe. Durch die ausgezeichneten Schauspieler*innen wurden die Szenen zu berührenden Momenten. Ein Film, der den leider noch immer vorhandenen Rassismus und Kolonialismus in der Welt darstellt und zum Nachdenken anregt.“
Lobende Erwähnung
Una escuela en Cerro Hueso
von Betania Cappato
„Der Schnitt leitet Dich an, dem Film zu folgen, in der Geschichte zu leben und in die Welt der Protagonistin einzutauchen. Der Film schafft Öffentlichkeit für ein wichtiges soziales Thema und zeigt, dass kleine Dinge eine große Bedeutung haben.“
Gläserner Bär für den Besten Kurzfilm
– ausgesetzt für die Berlinale 2021 –
Jugendjury Generation 14plus 2021
Gläserner Bär für den Besten Film
Stop-Zemlia
von Kateryna Gornostai
„Der Film überzeugt mit einer Vielfalt an wichtigen Themen, die uns als Jugendliche speziell ansprechen. Platonische Liebe, Queerness, Zusammenhalt und psychische Belastung bestärken die Wirkung des Films als realistische Coming-of-Age-Story. Mit Hilfe kreativer Visualisierungs-Techniken wird auf künstlerische Weise klar, wie unsere Generation träumt, fühlt und erlebt. Es wird die Botschaft vermittelt, dass es Teil des Lebens ist, sich bestimmten Ängsten zu stellen, um die aufregendsten Jahre der Jugend genießen zu können.“
Lobende Erwähnung
Ninjababy
von Yngvild Sve Flikke
„Dieser Film hat bei uns wegen seiner humorvollen Ehrlichkeit über ein Thema, das in patriarchalischen Gesellschaften tabuisiert ist, einen starken Eindruck hinterlassen. Der innere Gefühlswirbel, der mit einer ungewollten Schwangerschaft einhergeht, drückt sich in lebhaften Animationen und durch bewegendes Schauspiel auf der Leinwand aus. Die feministische Message wird so dramaturgisch wie künstlerisch zur Geltung gebracht.“
Gläserner Bär für den Besten Kurzfilm
– ausgesetzt für die Berlinale 2021 –
Internationale Jury von Generation 2021
Großer Preis der Internationalen Jury von Generation Kplus für den Besten Film
Han Nan Xia Ri
von Han Shuai
„Der Film überzeugt durch seine starke visuelle Sprache und das hervorragende Zusammenspiel aller filmischen Ebenen. In diesem Sommermärchen, das immer wieder in einen Alptraum abzugleiten droht, ist in jeder Sekunde die Hitze spürbar, die schwüle Luft und der Druck, der auf der Hauptfigur lastet. Dabei bleibt der Fokus stets auf den Gefühlen und Wahrnehmungen der Kinder, wodurch sich der Schmerz, der die Suche nach sich selbst und dem eigenen Weg begleitet, nachempfinden lässt.“
Lobende Erwähnung
Una escuela en Cerro Hueso
von Betania Cappato
„Durch diese wunderschöne, herzerwärmende und starke filmische Vision werden die Zuschauer*innen zu einer eindringlichen spirituellen Reise eingeladen. Ein intimer und persönlicher Film, der Raum lässt und Raum schafft, nach Gemeinsamkeiten sucht, nicht nach Unterschieden, der aufgeschlossen in die Welt blickt und auf diese Weise ein feinfühliges, hoffnungsvolles Bild von Solidarität zeichnet.“
Spezialpreis der Internationalen Jury von Generation Kplus für den Besten Kurzfilm
– ausgesetzt für die Berlinale 2021 –
Großer Preis der Internationalen Jury von Generation 14plus für den Besten Film
La Mif
von Fred Baillif
„Wie ein rauschender, energiegeladener, pulsierender Herzschlag treibt dieser Film seine Figuren und die Zuschauer*innen mit schonungsloser Ehrlichkeit durch verschiedene klug miteinander verwobene Geschichten und Ereignisse. Getragen wird er dabei von fesselnden und intensiven schauspielerischen Leistungen und hält stets seine Balance zwischen Stärke und Verletzlichkeit. Dieser Film entwickelt einen Sog, lässt einen nicht mehr los und trifft mitten ins Herz.“
Lobende Erwähnung
Cryptozoo
von Dash Shaw
„Während dieser Film feinfühlige Charaktere in einer ebenso schönen wie auch brutalen dystopischen Welt porträtiert, vermittelt er einen Hoffnungsschimmer und wirft zugleich große Fragen auf. Ein herausragendes Kunstwerk, das auf selbstverständliche Weise Themen wie Sex, Gender, Krieg, Gesellschaft und Beziehungen verhandelt. Ein Aufruf, Gesellschaft zu hinterfragen und dabei unsere Vorstellungskraft zu nutzen, um neue Perspektiven zu schaffen. Ein überwältigender, verstörender und visionärer Trip.“
Spezialpreis der Internationalen Jury von Generation 14plus für den Besten Kurzfilm
– ausgesetzt für die Berlinale 2021 –
Jury GWFF Preis Bester Erstlingsfilm 2021
GWFF Preis Bester Erstlingsfilm
The Scary of Sixty-First
von Dasha Nekrasova
produziert von Adam Mitchell, Mark Rapaport
Eine mutige Interpretation des Genrekinos, die zeitgenössische Themen wie globale Machtstrukturen, sexuellen Missbrauch, Verschwörungstheorien und die dunklen Ecken des Internets auf eine abgründige, originelle und subversive Weise aufgreift. Vielleicht mit der Erkenntnis, dass höflicher Anstand nicht länger eine effektive Taktik ist, um einen Diskurs über diese brandaktuellen Themen zu entfachen.
Lobende Erwähnung
Mantagheye payani
von Bardia Yadegari, Ehsan Mirhosseini
produziert von Farzad Pak, Amin Mirhosseini
Eine Welt mit verschwommener Gegenwart und Zukunft, eingerahmt von Drogensucht und körperlichem Verfall. Eine von Vorfahr*innen bevölkerte Situation, bedroht von einer Lawine verheerenden Mülls. Die Hoffnung auf Verstand wird in Poesie und analytischen Collagen von historischer und politischer Bedeutung gesucht.
Jury Berlinale Dokumentarfilmpreis 2021
Berlinale Dokumentarfilmpreis
Nous
von Alice Diop
produziert von Sophie Salbot
Das feministische Prinzip, autobiografisch zu schreiben, auch wenn es schmerzhaft ist, hat in diesem Film seinen Einsatz verdoppelt. Aus dem „Ich“ wird ein „Wir“ und das Wir wird zu einem gedämpften Ich, das mit der Kadenz der Ungewissheit das gesamte Gebiet erkundet. Aufgrund von Alice Diops Neugier auf die conditio humana und ihrer durchdachten Sprache (oder: der Durchdachtheit in der Sprache) hat die Jury einstimmig beschlossen, ihr den Berlinale Dokumentarfilmpreis für ihren Film Nous zu verleihen.
Lobende Erwähnung
The First 54 Years – An Abbreviated Manual for Military Occupation
von Avi Mograbi
produziert von Camille Laemlé, Serge Lalou
Kino kann man anschauen, aber vielleicht ist das bewegendste Kino dasjenige, das uns selbst anschaut und mit diesem Blick unsere Existenz in eine andere Dimension versetzt. Mit sehr wenigen visuellen und auditiven Mitteln, einer Handvoll Archivbilder und einer starken Konzentration auf das Erzählen, mit mehr Vertrauen in die Kunst als in die Menschheit, zwingt uns dieser Film, hinzuschauen und über Land, Menschen, Politik und Gewissen nachzudenken, und fordert unser bequemes Weltbild heraus. Die Lobende Erwähnung der Jury geht an The First 54 Years – An Abbreviated Manual for Military Occupation von Avi Mograbi.
Ehrenauszeichnungen des Festivals 2021
Goldener Ehrenbär
– ausgesetzt für die Berlinale 2021 –
Berlinale Kamera
– ausgesetzt für die Berlinale 2021 –
Alle Preise & Jurys 2021
Alle Preise und Jurys der 71. Internationalen Filmfestspiele Berlin
Internationale Jury 2020
Goldener Bär für den Besten Film (an die Produzent*innen)
Silberner Bär Großer Preis der Jury
Silberner Bär für die Beste Regie
Silberner Bär für die Beste Darstellerin
Paula Beer
Undine
von Christian Petzold
Silberner Bär für den Besten Darsteller
Silberner Bär für das Beste Drehbuch
D'Innocenzo Brothers
Favolacce
von Fabio & Damiano D'Innocenzo
Silberner Bär für eine Herausragende Künstlerische Leistung
Jürgen Jürges für die Kamera in
DAU. Natasha
von Ilya Khrzhanovskiy, Jekaterina Oertel
Silberner Bär – 70. Berlinale